Gestern gab es wieder anti-Corona und anti-lockdown Proteste in vielen deutschen Städten. Wie so oft waren diese im Osten, vor allem in Dresden, besonders heftig.
Wie sooft wurden in Dresden und Leipzig “Wir sind das Volk” gerufen, Bezug nehmend auf die Freiheitsbewegung der Montagsdemonstrationen 1989/1990, welche sich gegen die DDR Regierung stemmte.
Bereits 2014 hat die rechtspopulistische PEGIDA diese politische Parole für sich in Beschlag genommen.
Wie bewertet ihr diese Entwicklung? Mich würde auch vor allem interessieren wie Mitglieder*innen aus der ehemaligen DDR, das alles bewerten und einordnen.
Ich finde, es drückt ein Gefühl aus, was wohl tatsächlich in der Gesellschaft verbreitet ist - gerade gestern sprach ich mit einem alten Jugendfreund der argumentiert dass wir seit “hunderten von Jahren von ein paar sehr sehr reichen Familien gesteuert werden” und er ist generell kritisch gegenüber allem was ‘von oben’ kommt. Er ist eigentlich überhaupt nicht ins PEGIDA-Lager zu zählen, traditionell eigentlich wenn dann eher links zu verorten, aber ich glaube dass diese Parolen schon eine Anziehungskraft auf diejenigen haben, die schon länger meinen, dass ihnen von Politik und Medien eine falsche Realität vorgespielt wird - und da ist wahrscheinlich der kleinste gemeinsame Nenner der Spruch “Wir sind das Volk”.
Ist nur Mutmaßung, aber das war meine erste Reaktion darauf. Freue mich auch über weitere Eindrücke hier!
@hires danke für deine Antwort! Sehr interessant. Ich kenne das auch aus dem eigenen Freundeskreis. Ich frage mich, ob die steigende Transparenz in der Politik, was man ja durchaus als positiv bewerten kann (ich persönlich finde das sehr wichtig), dazu führt, dass Fehler sichtbarer werden, Widersprüche einfacher aufgezeigt werden können, und so insgesamt ein Vertrauensverlust entsteht.
Ich frage mich ob Transparenz wirklich als Transparenz anerkannt wird, oder nur als fadenscheinige Vorwände, die die Wirklichkeit vertuschen sollen. Ich glaube die Kette ist vielleicht umgedreht: Der Vertrauensverlust ist schon vorher da, und führt dazu, dass Transparenz als Vertuschung interpretiert wird.