Das Problem mit den Staatshilfen für Freelancer in Zeiten von Corona. Ist man etwa als Angestellter in diesen Zeiten besser dran?

Michael aus Brandenburg ist Freelancer. Der erste „Lockdown“ hat ihn – wie viele andere Selbstständige – schwer getroffen und es ging erst einmal der Kampf um Staatshilfen los. Am Ende haben sich die großen Versprechungen dee Politik für viele leider nicht bewahrheitet.

Wie ist es Dir im letzten Jahr ergangen? Wie ist Dein persönlicher Rückblick auf das Jahr?

Wenn ich so auf das Jahr zurückblicke dann schaue ich getrennt voneinander auf den 1. und dann auf den 2. Lockdown – beide sind für mich grundverschieden. Im ersten Lockdown war der Schock sehr groß - man wusste nicht genau, was auf einen zukommt, wie sich die Welt verändern wird. Es war eine Infragestellung von Allem. Insbesondere der Arbeit. Als Freelancer war somit meine erste Reaktion: Recherchieren wo ich Staatshilfen herbekomme. Da ging es anfangs noch gar nicht so sehr um die Angst wie sich die Auftragslage entwickeln wird - wobei mir direkt die Moderation eines lukrativen Events abgesagt wurde. Dann kam im 1. Lockdown auch die Welle, dass plötzlich alle auf LinkedIn zu digitalen Spezialisten wurden. Dieses sofortige Umschalten hat mich genervt und ich habe mich davor gesträubt aufzuspringen, was vielleicht unternehmerisch gesehen nicht so schlau war. Im 2. Lockdown hat sich dann alles nochmals verändert. Man hat alles etwas entspannter gesehen und nicht mehr so aufgepasst wie es wahrscheinlich sein sollte. Das soziale Loch hat sich dann irgendwie größer angefühlt als die gesundheitliche Gefahr. Es ist eben doch so mit der Psychologie, dass wir den Kontakt zu Menschen brauchen.

Ehrlich gesagt habe ich dann auch versucht, mich ein bisschen von dem ganzen Thema abzuschotten und mein Ding zu machen bzw. es nicht mehr so sehr an mich rankommen zu lassen. Ich kenne mich letztlich zu wenig mit den Hintergründen der Pandemie aus - schließlich probiert man einfach die aktuellen Regeln zu befolgen, um sich oder andere nicht anzustecken. Das alles kann mich jedoch nicht mehr so schocken wie am Anfang – ich habe mich vom großen Geschehen mehr oder weniger abgeschottet und mein Alltag besteht hauptsächlich aus: Eat-Work-Sleep-Repeat.

Du hast uns ja gesagt, dass Du gleich zu Anfang versucht hast, Dich als Freelancer um staatliche Hilfen zu kümmern?

Am Anfang klang das noch alles ganz wunderbar für Selbstständige. Leider ist es dann nicht so aufgegangen wie es versprochen wurde. Ich spreche natürlich nur von meinen Erfahrungen mit den Stellen in Brandenburg. In Berlin schien es zwar so, als würde schnell und unbedarft ausgezahlt, allerdings kamen dann ja auch recht zeitnah die ganzen Rückzahlungswellen und das Nachprüfen. Sowohl in Berlin als auch Brandenburg wurden große Versprechungen und Hoffnung gemacht, dass sofort geholfen wird und es sich dabei um einen Zuschuss handelt. Und alles kein Problem sei. Das wurde zumindest so kommuniziert und ist auch bei allen so angekommen. Leider hat sich das nicht bewahrheitet. Es stellte sich schnell heraus, dass das alles nur für harte Mieten, Leasing oder Kredite gedacht war und nicht für die Lebenshaltungskosten. Das kam dann meiner Meinung nach erst später so ein bisschen um die Ecke geschlichen. Und zudem hat es mich auch sehr verärgert, dass es ein ganz schöner Aufwand war, diesen Antrag einzureichen. Da hätte man sich rückblickend gesehen wahrscheinlich besser einen Kunden gesucht – das wäre weniger aufwendig gewesen.

Dann kam ja auch noch eine zweite Runde: Das BAFA – Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle - welches damit geworben hat, dass man sich einen Berater für bis zu 5.000 € organisieren kann / darf, der einem dann dabei hilft, sein Unternehmen digitaler aufzustellen o.ä. Businesscoaching in Anspruch zu nehmen. Da hatte ich dann auch eine super Frau, die auf Positionierung, Marketing und USP spezialisiert war. Wir waren uns dann auch soweit einig, bis wir dann über die Presse erfahren mussten, dass das ganze Programm leider viel zu dünn ausgestattet war und der Topf leider schon wieder leer war – also auch dieses “Hilfsangebot” verpuffte dann.

Man hört immer wieder von den großen Industrie-Rettungen, für Selbstständige und Freelancer wird meiner Meinung nach aber leider nichts getan. Da scheint wohl der sozialversicherten Job immer noch das „non plus ultra“ zu sein.

Hierzu habe ich auch ein Beispiel von einem bekannten Ehepaar: Er hatte die Möglichkeit von seinem Unternehmen bekommen, „remote“ von zu Hause aus weiterzuarbeiten und sie wurde auf 70% Kurzarbeit gesetzt. Das bedeute tatsächlich aber, dass die Frau keinerlei Arbeitsleistungen bringen musste und der Lohn geschenkt wurde. Meiner Meinung nach mehr als unfair einfach so 70 % seines Gehalts weiter zu bekommen und dafür einfach gar nichts machen zu müssen. In der Summe sind solche Geschichten natürlich ein Haufen Steuergelder - da hätte man sich als Freiberufler schon gewünscht, dass es für uns auch eine ähnliche und vor allem so leicht zugängliche Unterstützung gegeben hätte.

Und hast Du hier auch den Austausch mit Gleichgesinnten gefunden / gesucht und gab es Organisationen die Freiberufler unterstützt haben?

Zu Anfang habe ich hier selbst versucht zu unterstützen, habe ein bisschen Journalismus betrieben und schrieb einen Artikel zum Thema Staatshilfen für Freelancer. Einfach um zu informieren und aufzuklären. Der Artikel hatte so an die 40 Likes – ich bin zwar kein Influencer, aber ich denke einigen hat es direkt genützt als Stütze Im Journalismus ist es dann ja auch so, dass sich die Lage und die News schnell verändern, einfach viel passiert, und man den Artikel immer aktualisieren und editieren muss, damit die Leser auch auf dem neusten Stand bleiben. Irgendwann musste ich das dann einfach loslassen. Ich sehe mich jetzt auch nicht als politischer Kämpfer meiner Branche und hatte dann auch nicht mehr die Energie und Kraft weiter zu machen. Ich musste meinen Fokus einfach umlenken auf für mich wichtigere Dinge. Zudem habe ich gemerkt, dass es hier auch ein paar coole Verbände gibt, an die sich Freiberufler wenden konnten. Da gibt es z.B. den „Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschland e.V.“, der hier tolle, gute Arbeit geleistet und Leuten wirklich geholfen hat.

Wenn Du sagst, Du musstest dann irgendwann Deinen Fokus umlenken, wie erging es Dir denn im Verlauf der Pandemie als Freiberufler? Hat sich für Dich viel verändert?

Hier hat sich natürlich einiges getan und auch verändert. Erst einmal hat sich viel auf digitaler Ebene abgespielt und man konnte trotz des Lockdowns plötzlich auf allen Konferenzen der Welt digital herumspazieren. Das ist natürlich schon toll. Dadurch haben sich viele neue Kontakte ergeben und das auch auf internationaler Ebene – da waren dann schon wirklich interessante und spannende Projekte dabei. Somit hat man dann auch neue Geschäftspartner gefunden.

Zwischendurch war es allerdings nicht so einfach. Es waren schon schwierige Zeiten – man war plötzlich dazu gezwungen, überall im nahen und weiten Umfeld nachzufragen, ob es nicht vielleicht irgendwo einen Job / Auftrag gibt. Zum Glück haben sich dann auch kleine Projekte ergeben und ich bin so wieder zurück in alte Tätigkeitsbereiche gerutscht - eine Bekannte hat mir z.B. einen Redaktions-Job vermittelt und ich konnte 2-3 Artikel schreiben.

Was sich besonders für den beruflichen Alltag im ersten Lockdown als schwierig dargestellt hat, waren natürlich vor allem die Schließungen der Schulen und Kitas. Das waren absurde Zeiten, in welchen man dann so plötzlich ganz ohne Betreuung dastand – das brachte extreme Schwierigkeiten mit sich und man war komplett auf sich alleine gestellt und musste sich da irgendwie selbst raus retten. Ich glaub das ruft auch immer noch die meiste Panik bei allen berufstätigen Eltern hervor – die erneute Schließung der Kitas.

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