Johannes hat seinen eigenen Betrieb als Garten- und Landschaftsbauer und hatte somit das Glück weiterhin seinem Beruf an der frischen Luft nachzugehen. Für ihn persönlich haben sich durch Corona keine wesentlichen Veränderungen ergeben. Doch der Blick aufs Gesamte bereitet auch ihm Sorgen. Wie hat sich DE verändert und vor allem: wie hat sich die Sicht der Bürger auf DE verändert? Macht die Bundesregierung wirklich alles richtig? Oder sind wir alle einfach nur noch frustriert?
Wie hast Du das letzte Jahr mit Corona erlebt? Wie sind Deine Eindrücke?
Es hat recht lange gedauert bis man sich an alles gewöhnt hat. Was das schwierige war: man wusste nicht wirklich genau wann es aufhört und wie es weitergeht. Das man sich auch in der Aktion selbst so ein bisschen verloren gefühlt hat weil man nicht wusste welche Maßnahmen wie lange gehen.
Um ein bisschen ins Detail zu gehen: Wie sieht es bei Dir im Arbeitsleben aus? Was genau machst Du? Gab es da aufgrund von Corona irgendwelche Veränderungen?
Wenn man meine Arbeitsstelle nimmt – ich bin im Garten-Landschaftsbau tätig – muss ich sagen, dass es sich teilweise sogar positiv entwickelt hat. Es war tatsächlich so, dass die Leute/Kunden gesagt haben: sie müssen daheim bleiben (wegen Lockdowns etc.) und haben bewusst mehr Geld in die Hand genommen, um sich zu hause eine kleine Oase zu schaffen. Ich hätte dieses Jahr mit Sicherheit im Gartenbereich noch 2-3 Leute mehr einstellen können und sie dann auch wirklich voll durcharbeiten lassen können. Die Nachfrage gerade in meinem Bereich – Garten, Landschaftsbau – ist auf jeden Fall erst einmal angestiegen und der Umsatz in diesem Teilbereich war sehr gut.
Jetzt haben wir in der Firma allerdings 3 verschiedene Bereiche: Gartenbereich, Friedhofsgärtnerei und 2 Blumenläden. Wie gesagt, der Gartenbereich funktionierte sehr gut, auch im Bereich Friedhofsgärtnerei hat sich nicht wesentlich was verändert. Da du bei beiden Bereichen an der frischen Luft bist/arbeitest, konnte man den Beruf uneingeschränkt ausführen. Bei den 2 Blumenläden sah die Welt natürlich gleich ganz anders aus. Wir haben im 1. und im 2. Lockdown zugemacht. Das schwierige dabei war, dass der 2. Lockdown sich mit der Weihnachtszeit überschnitten hat – eine Zeit, in der im Blumenladen normalerweise sehr viel vor allem durch Dekoartikel etc. eingenommen wird. Da natürlich alles vorher eingekauft werden musste, ist der Blumenladen dann natürlich auf den meisten Artikeln sitzen geblieben.
Somit ist zusammenfassend zu sagen, dass in Teilbereichen der Umsatz zwar sehr gut war – der Gesamtumsatz vom Betrieb allerdings schon sehr unter der ganzen Situation gelitten hat. Wir können tatsächlich froh sein, dass unser Unternehmen aus Teilbereichen besteht, denn wenn wir nur die 2 Blumenläden gehabt hätten, dann würde es uns heute wahrscheinlich nicht mehr geben. So konnten wir das alles zumindest noch ein bisschen auffangen.
Man hat ja auch mitbekommen, dass viele Blumenläden dann recht schnell versucht haben zu reagieren und sich Online-Shops eingerichtet haben, um ihre Blumen dann zumindest online zu verkaufen und diese dann den Kunden nach hause zu liefern. Wie habt Ihr da reagiert? Seid Ihr auch digital geworden?
Der erste Lockdown hat da schon geholfen und Türen aufgemacht. Wir haben bestimmt schon seit 2 Jahren überlegt einen Online-Shop zu eröffnen, sind es aber nie wirklich angegangen – dann kam Corona und die Entscheidung war innerhalb von einer Woche gefällt. Wir hatten kurz vor Ostern dann schon einen fertigen Shop da stehen. Das hätte halt im Normalfall nie so schnell geklappt und es wären auch nicht so schnell Gelder dafür freigegeben worden.
Hat es Euch dann auch geholfen? Haben die Leute den Online-Shop angenommen und dann tatsächlich auch Blumen nach Hause bestellt?
Das würde ich differenzieren: im 1. Lockdown war die Nachfrage noch sehr hoch. Weil die Leute da auch noch gesagt haben, wir versuchen regionale Geschäfte bewusst zu unterstützen und sich gegenseitig Mut zu machen. Jetzt im 2. Lockdown ist es leider nicht mehr so. Man merkt, dass den Leuten alles einfach nur noch auf die Nerven geht, sie wollen eigentlich auch am besten gar kein Geld mehr ausgeben – das sehe ich auch an mir selber – die Leute versuchen ihr Geld zusammen zu halten. Aktuell verkaufen wir über den Online-Shop somit also so gut wie nichts.
Um darauf nochmals genauer einzugehen: Du sagtest ja, am Anfang haben sich die Leute noch mehr gegenseitig unterstützt und der Zusammenhalt war noch recht stark. Und jetzt geht die Entwicklung eher dahin, dass jeder einfach nur noch von der Situation (inkl. den Lockdowns) und den Entwicklungen genervt ist und die Unsicherheit bei den Menschen noch größer wird, weil man einfach nicht weiß, wie es mit und in DE weiter geht. Daher eine etwas konkretere und direkte Frage: Fühlst Du Dich von Deutschland aufgefangen? Ausreichend informiert? Oder bist Du frustriert und genervt von der Situation?
Auch das würde ich nochmal differenzieren. Am Anfang habe ich mich gut aufgehoben gefühlt. Auch Länderspezifisch habe ich noch gedacht: wir sind da mit DE auf jeden Fall am richtigen Fleck. Das hat meiner Meinung nach alles soweit gut funktioniert.
Als dann der 2. Lockdown dann kam (bzw. auch der Weg dorthin), hat sich meine Meinung dazu etwas geändert. Alle 2 Wochen wird es wieder um 2 Wochen verschoben, ständig wird was anderes gesagt. Man hat das Gefühl veräppelt zu werden und ich fühle mich als Bürger einfach nur hingehalten.
Erst hieß es beim Inzidenz Wert von 50 wird wieder alles aufgemacht, jetzt sind wir bei 35. Es ändert sich einfach dauernd irgendwas. Leider kann man das Ganze ja auch als Bürger in keinster Weise beeinflussen. Man ist den ganzen Corona Nachrichten daher doch recht Müde geworden und ich schau auch gar nicht mehr wirklich Nachrichten. Es stresst und nervt einen einfach nur noch. Man ist dem überdrüssig geworden und ich fühle mich absolut nicht gut abgeholt von unserer Bundesregierung. Auch:
Weil wieder Wahlen anstehen und man deutlich merkt, dass sie versuchen gegenseitig da so ein bisschen quer zu schießen, was dem Ganzen natürlich eher hinderlich ist.
Da würde ich gerne nochmals etwas genauer darauf eingehen: Wahlen stehen dieses Jahr an. Haben die Erfahrungen, die Du als Bürger mit der Bundesregierung in der letzten Zeit gemacht hast (vor allem der Umgang der Bundesregierung mit Corona), Deine Einstellung beeinflusst / verändert? Was läuft da gerade in Deutschland? Wie nimmst Du die Vorbereitung auf die Wahlen als Bürger wahr?
Ich würde sagen, dass es mittlerweile leider fast egal ist wen Du wählst, denn am Ende wird einfach nicht viel passieren. Es ist eher so dass man der Politik mittlerweile überdrüssig ist. Weil ja, egal welche Maßnahmen getroffen worden sind – man sieht es vor allem jetzt wieder bei Corona -, Du halt siehst, dass die die entscheiden, es am wenigsten betrifft.
Man hat generell eine Lethargie entwickelt und ist müde von allem. Man weiß einfach nicht mehr genau wem man glauben soll und wer jetzt hier weiterhelfen kann. Man hat das Gefühl, am Ende kann keiner wirklich weiterhelfen. Am Ende vom Tag ist es egal wer da oben steht, es wird so oder so nichts.
Wenn wir jetzt mal an eine Zeit nach Corona denken: wie siehst Du da die Zukunft? Stehst Du der Zukunft positiv gegenüber? Oder denkst Du, dass es alles noch wesentlich schlimmer werden wird? Auch was die Welle angeht, die ggf. wirtschaftlich noch nachkommen wird?
Ich glaube wenn man unternehmerisch veranlagt ist, könnte es sicherlich eine sehr spannende Zeit werden. Wenn man dazu noch das große Glück hat, tatsächlich Geld übrig zu haben, kann man hier in Zukunft sicherlich in gute Sachen investieren.
Dann wurde ja durch die ersten finanziellen Hilfen der Bundesregierung noch einiges kaschiert. Es wurde sicherlich vielen Unternehmen geholfen, die zu diesem Zeitpunkt ohnehin schon nicht mehr richtig liquide waren und kurz vor dem Aus standen und sich nur noch schwer über Wasser halten konnten. Das wird natürlich noch eine große Welle nach sich ziehen. Denn auf Dauer - sagen wir in den nächsten 2 Jahren – wird es diese Unternehmen dann auch nicht mehr geben.
Wenn wir jetzt mal in die Tourismusbranche schauen, habe ich tatsächlich ein bisschen Angst, dass sich in Zukunft keiner mehr das Reisen leisten kann. Man hört ja, dass die Reiseunternehmen ihre Preise um ca. 10-20% erhöhen werden und Fliegen so teuer werden soll. Wenn man dann auf diesem angestiegenen Preisniveau ist, habe ich Sorge, dass man von da nicht mehr runterkommt.
Die Lebenshaltungskosten werden in den nächsten 2 Jahren so extrem nach oben schießen, dass es in Zukunft meiner Meinung nach schwierig wird, den Lebensstandard den man jetzt hat halten zu können. Die Schwere wird einfach viel weiter auseinandergehen. Die Armen werden noch ärmer und die Reichen noch reicher. Das Dazwischen (sprich die Mittelschicht) löst sich auf.
Dann werfen wir nochmals einen Blick auf das Privatleben bzw. das Sozialleben. Was hat sich hier für Dich verändert?
Ich finde, dass z.B. das Zusammenleben mit dem Partner - nach anfänglichen Schwierigkeiten – viel enger geworden ist und doch sehr zusammengeschweißt hat.
Ich empfinde die ständige Nähe des Partners heute viel angenehmer und viel natürlicher wie früher. Das empfinde ich es als sehr positiv.
Was mein soziales Umfeld betrifft – sprich Freunde: von denen habe ich mich leider komplett abgekapselt. Da muss man wirklich nochmal schauen wie das dann in der Zeit nach Corona funktionieren kann/wird. Wie renkt sich das alles nochmals irgendwie ein bzw. renkt es sich überhaupt wieder ein? Dadurch dass man die Kontakte so stark zurückgefahren hat, glaube ich sind da auch einige Freunde für immer weg. Ich bin leider nicht der Freund von Zoom-Meetings und auch nicht der große Nachrichten-Schreiber. Ich mache wenig, wenn es nicht persönlich ist. Und ich habe in der Zeit jetzt tatsächlich auch deutlich gemerkt, dass ich den engen Kontakt auch nicht brauche. Aber ich hatte natürlich auch den Vorteil, dass ich normal weitergearbeitet habe und nicht im Home-Office oder 8 Stunden alleine war.
Das heißt Du in dieser Zeit erst mal gemerkt, dass Du eigentlich gar nicht so viele Kontakte brauchst wie Du vorher hattest? Viele sind in dieser Zeit ja auch nochmals in sich gegangen und haben sich Gedanken darüber gemacht: was ist mir eigentlich wirklich wichtig in meinem Leben und was ist mir wichtig in der Zukunft und wen will ich in meinem Leben haben und wen nicht?
Ja genau. Das war in dieser Zeit eher der innere Kosmos um den man sich gekümmert hat, weil man einfach gemerkt hat, dass um einen herum viel weggebrochen ist. Aber man hat auch gleichzeitig gemerkt, dass man vieles von dem auch eigentlich gar nicht mehr braucht. Oder nicht mehr in der Intensität wie früher. Ich bin früher bestimmt 3x die Woche Abends ausgegangen. Das kann ich mir jetzt nicht mehr vorstellen. Und muss es auch nicht.