Eine Operation in Zeiten von Corona? Möglich, aber mit Hindernissen!

Elke gehört zur Risikogruppe in Deutschland und musste sich seit Beginn von Corona 2x operieren lassen. Sie erzählt uns von ihrem Krankenhausaufenthalt und über ihre Erfahrungen mit dem Krankenhauspersonal. Auch ihre Generation denkt, dass in Deutschland seit der Krise so einiges schief lief. Was ist die Meinung der Risikogruppe?

Wie haben die Lockdowns Dein Leben beeinflusst und wie hast Du die Corona-Krise bis dato wahrgenommen?

Das letzte Jahr habe ich als sehr schwierig empfunden. Neben der Corona-Krise haben sich für mich zusätzlich auch noch weitere gesundheitliche Einschränkungen ergeben. Ich hatte im letzten Jahr 2 anstehende OPs, die auch auf jeden Fall - trotz Corona-Krise – durchgeführt werden mussten. Eine Augen-Operation und eine neue Schulter.

Mental gesehen geht es mir gut, da ich das Glück habe in einem Haus mit einem großen Garten zu leben und somit trotz der Einschränkungen viel Zeit an der frischen Luft verbringen konnte. Ich konnte jeder Zeit raus und habe mich daher auch nicht so sehr eingeengt gefühlt wie vielleicht viele andere im Lockdown.

Wie lief das mit den Operationen genau ab? Trotz Corona problemlos oder ergaben sich Einschränkungen?

Ja, es gab bei beiden Operationen erhebliche Einschränkungen. Beide mussten recht lang hinausgezogen werden. Als es dann bei meiner Schulter-OP doch endlich zu einem Termin kam – ich muss dazu sagen, dass es sehr dringend war, weil ich extreme Schmerzen hatte und mich schon nicht mehr alleine anziehen konnte und somit auf fremde Hilfe angewiesen war, – wurde ich nicht in der Abteilung Sportmedizin untergebracht, für die ich eigentlich vorgesehen war, sondern wurde in die Augenklinik verlegt. Das lag natürlich daran, dass die Abteilung der Sportmedizin für Corona-Patienten frei gehalten werden musste. All dies wurde mir allerdings erst kurz vor der OP mitgeteilt (auch das Zimmer war mir nicht bekannt) und ich hatte tatsächlich aufgrund der ganzen Hektik nicht einmal Zeit mich auf die OP vorzubereiten, geschweige denn dafür umzuziehen. Alles lief in wenigen Minuten ab. Vom Wartezimmer (in dem ich stundenlang ohne Info saß) in den OP sozusagen. Leider wusste ich auch nicht den genauen Zeitpunkt der OP. Eine sehr unangenehme Situation, wenn man bedenkt, dass man vor einer mehrstündigen und schwierigen OP steht.

Es ist natürlich am Ende alles gut gegangen. Aber ich habe mir dann schon erlaubt zu fragen, ob denn die Schwestern in der Augenklinik auch für Sportmedizin ausgebildet sind. Das sind zwei komplett unterschiedliche Bereiche. Auch im Hinblick auf orthopädische Belange. Eine berechtigte Frage denke ich. Daraufhin wurde überwiegend genervt vom Personal reagiert und schnippisch geantwortet „die Ausbildung sei die gleiche“. Ja, natürlich ist die Ausbildung die gleiche, die ist auch bei Lehrern die gleiche. Trotzdem ist der eine auf Grundschule und Mathe spezialisiert und der andere auf Abiturklassen und Latein. Ganz ehrlich muss ich daher sagen: die Stimmung war über den gesamten Krankenhausaufenthalt hinweg sehr gereizt und schon fast explosiv. Hier spreche ich nicht von den Ärzten. Die Versorgung und Behandlung war einwandfrei. Doch das Pflegepersonal war und ist in jedem Bereich komplett überfordert und gereizt. Eines muss ich allerdings positiv ergänzen: die Hygiene im Krankenhaus war in jedem Moment top und ich habe mich hinsichtlich Corona sehr sicher gefühlt.

Was hätte Deiner Meinung nach generell besser oder anders gemacht werden können? Was lief schief in Deutschland?

Masken von Anfang an, an alle verteilen bzw. allen zugänglich und erschwinglich machen. Die Maskenpflicht kam in Deutschland meiner Meinung nach viel zu spät! Und dann wird auch noch von den Bürgern verlangt, ffp2 Masken zu tragen, die einfach auf Dauer unbezahlbar sind. Von der Regierung hat man zwar über die Krankenversicherung insgesamt 8 Masken bereit gestellt bekommen bzw. durfte diese in der Apotheke abholen, aber wenn man weiß, wie lange man die Maske durchschnittlich tragen kann – da sind 8 Stück meiner Meinung nach zu wenig.

In der Gastronomie: hier musste man sich im ersten Lockdown noch mit Namen und Kontaktdaten zur Nachverfolgung einschreiben, bevor man sich hinsetzen durfte - das wurde dann plötzlich nicht mehr gemacht oder einfach wieder zu leicht genommen. Meiner Meinung nach hätte man das auch das ganze Jahr über weiterführen sollen. Auch der 1,5-2 Meter Abstand wurde kaum eingehalten.

Und noch ein weiterer Fehler: man hätte viel früher an den Grenzen aktiv sein sollen. Deutschland hat hier nicht schnell genug reagiert. Und reagiert auch leider teilweise immer noch falsch. Es wird zum Beispiel überall in Deutschland moniert, dass Bayern die Grenzen zu Tschechien und Tirol zumacht. Aber das muss einfach sein, weil die Inzidenzen in diesen Gebieten einfach enorm hoch sind. Trotzdem regen sich alle darüber auf „die schlimmen Bayern machen die Grenzen zu etc.“. Wie hier teilweise agiert wird, trägt nicht dazu bei die eigenen Bürger zu schützen.

Genauso ein Problem: die Impfstrategie. Hier hat meiner Meinung nach extrem die EU versagt. Man hat zu wenig Impfstoff bestellt und die anderen vortreten lassen, obwohl der Impfstoff größtenteils bei uns erfunden wurde. Da fühlt man sich vom Staat schon ein bisschen auf den Arm genommen. Der einzige der hier klare Worte spricht ist Herr Söder. Aber der wird ja auch teilweise als der „komische Bayer“ niedergemacht. Was das Impfen und Masken anbelangt eine totale Katastrophe in Deutschland. Das Gesundheitssystem in Deutschland hat meiner Meinung nach leider versagt.

Hast Du Hoffnung, dass sich da etwas tut bzw. verbessert? Oder schaust Du eher negativ in die Zukunft?

In Bayern habe ich auf jeden Fall die Hoffnung, dass sich noch etwas tut! Wie es in anderen Bundesländern aussieht: keine Ahnung.
Generell denke ich, dass in Bayern alles etwas strikter gehandhabt wird und daher die Sache – wenn sie mit aller Konsequenz weitergeführt wird – schon in eine positive Richtung gehen kann.

Was die Wirtschaft angeht: hier bin ich mir sicher, dass eine Welle von Armut, Geschäftsschließungen und Insolvenzen auf Deutschland zukommen wird. Umso mehr ärgert mich, dass es einfach in der ganzen Zeit so viele junge Leute gab und auch immer noch gibt, die „Halligalli“ machen, feiern und sich nicht an die Vorschriften halten. Das sind nämlich am Ende die ersten, für die man spätestens im nächsten Jahr aufkommen muss - weil sie keine Jobs, Ausbildungen etc. bekommen - und somit natürlich wieder der Steuerzahler gefragt ist. Bedeutet, die Steuern werden nochmals höher als sie ohnehin schon sind. Das ist meine persönliche Meinung.

Nimmst Du auch etwas Positives mit aus der ganzen Zeit?

Ja. Auf jeden Fall, dass die Digitalisierung jetzt auch bei mir angekommen ist. Ich gehöre zur Risikogruppe und konnte somit meine Familie über ein Jahr nicht sehen. Da musste man sich dann einfach mit den ganzen Themen wie Whatsapp, Zoom, Video-Anruf etc. auseinandersetzen. Ansonsten hätte ich ja die ganze Entwicklung meiner Enkelin nicht mitbekommen können. So zumindest über den Bildschirm, was besser ist als gar nichts. Darüber bin ich schon sehr froh.

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