Trotz Corona: Die Digitalisierung von aufenthaltsrechtlichen Verfahren

Wie hast Du denn dieses Jahr erlebt?

Ich bin momentan selbstständig tätig und finanziere damit meine Studiengänge in Jura und Business Administration und der Lockdown stellte damit auch für mich finanziell eine Herausforderung dar. Es hat mich auch mitgenommen, dass ich im Freundeskreis viele Kündigungen oder das nicht Verlängern vonArbeitsverhältnisses, bedingt durch die Auswirkungen von Corona, miterleben musste.

Es gab aber auch positive Effekte: Man lernt mit den digitalen Tools besser als vorher umzugehen, da durch Corona einfach alles digitaler geworden ist und man praktisch dazu gezwungen wurde, sich damit auseinanderzusetzen. Das hat mich auch dazu veranlasst (und nicht nur weil ich momentan einen Master in Digital Business und Innovation absolviere) bzw. darum kam ich auch auf die Idee, das Unternehmen der InterCon UG, welches ich bereits seit längerem plane zu gründen, dem Trend anzupassen und es zu digitalisieren.

Woran arbeitest Du?

Zu meinem Hintergrund: Ich bin schon seit langem in der Asyl-Rechtsberatung aktiv und legte meinen praktischen Schwerpunkt meiner juristischen Ausbildung u.a. im Bereich des Aufenthaltsrechtes, habe mehrere Jahre Kanzlei-Erfahrung und hoffe mein Staatsexamen dieses Jahr zu absolvieren.

Bei dem Start-up geht es darum, Unterstützung bei aufenthaltsrechtlichen Verfahren”, auch inklusive grenzübergreifende Visa-Verfahren, sowie gerichtlicher Verfahren zu leisten, theoretisch ist auch eine Ausweitung auf andere Gebiete möglich. Vor Corona ging es bei der Unternehmensidee mehr um den Aufbau eines Coaching /Mentoring-Programmes, während und wegen Corona, hat sich dann die Idee der digitalen Verfahrensbegleitung ergeben, sprich: alles soll hauptsächlich digital ablaufen. Wir hoffen, dass wir das Projekt noch bis Ende 2021 auf die Beine stellen können, dann geb ich euch natürlich gerne auch Bescheid.

Vom 1. Antrag bis hin zur Einbürgerung vergehen in den meisten Fällen mitunter 7 Jahre und in diesem langjährigen Prozess gibt es unheimlich viele Hürden für die Betroffenen, die dann froh sind, wenn sie auf diesem Weg unterstützt und beraten werden und nicht alleine mit ihren Herausforderungen stehen. Wichtig ist es, eine Verbindung zwischen den einzelnen Verfahrensschritten zu schaffen. Es ist zwar schön und gut wenn es durch einen Visaservice eine Person ihren grenzübergreifenden Umzug realisiert konnte, aber dann bei Ankunft realisieren muss, dass im Ankunftsland weitere bürokratische Hürden zur Realisierung einer langfristigen Perspektive im jeweiligen Land auf einen warten.

Hat sich die Lage für die Betroffenen durch die Pandemie verändert?

Die Pandemie überschattet alles. Da weniger Flugzeuge fliegen und eine Überquerung einer Grenze momentan coronabedingt problematisch ist, hat das natürlich auch Auswirkungen auf die Migrationsbewegungen und die Bearbeitung der Visa-Vergabeverfahren. Leute kommen einfach schwieriger über die Grenzen (weil momentan einfach nicht gereist werden soll, nur wenn unbedingt notwendig) und darum verlangsamt sich alles - es pausiert und steht auf Stillstand oder bedeutet zumindest Verzögerungen in allen Prozessen und Verfahren.

Bezüglich des Rassismus erlebe ich persönlich in meinem direkten Freundeskreis geht es momentan weniger um Probleme wegen direkten Bedrohungen, sondern mehr um einen gespürten Anstieg des latent existierenden Rassismus im Job, innerhalb des Bewerbungsprozesses oder bei der Wohnungssuche. Ich kann aber nicht sagen, dass sich dies jetzt großartig zu vorher geändert hätte, nur weil der Fokus aktuell auf etwas Anderem liegt. Das ist ein größeres gesellschaftliches Problem, was nicht nur allein etwas mit den politischen Ansichten oder der Pandemie in Verbindung gebracht werden kann. Wir kenn das alle aus unserem Alltag, sogar Leuten, die nicht rassistisch sein wollen, kommt ja ab und an etwas über die Lippen, was beim Gegenüber - das anders kulturell geprägt ist - missverständlich rüberkommen kann.

Wichtig ist, dass wir versuchen achtsamer zu sein und und das Beste aus der Situation mitzunehmen und so weit es geht unseren Beitrag für ein harmonisches Miteinander zu leisten, daran sollten wir uns nicht nur in Zeiten einer Pandemie sondern in jeder anderen Situation erinnern.

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