2012 wohnte ich ein Jahr lang in Deutschland. Im Vorfeld meines Umzugs von London nach Berlin freute ich mich sehr darauf: Ich hatte eine interessante Arbeitsstelle an der Humboldt Universität gekriegt und eine Wohnung neben dem Mauerpark gefunden; Ich konnte schon nicht schlecht deutsch sprechen und hatte bereits ein paar guter Freunde in der Stadt. Das einzige, was mir Sorgen machte, war wie ich mit dem deutschen Gesundheitssystem zurechtkommen sollte. Im Jahre 2011 musste ich zweimal mit einem Nierenstein-Angriff zum Krankenhaus in London gehen. (Das war mein dritter Besuch insgesamt.) Das Krankenhaus war nur ein paar hundert Meter von meiner Wohnung entfernt und mein Partner konnte mich deshalb ganz schnell mit unserem Auto dorthin bringen. Ab dem zweiten Besuch konnten die Ärzte meine Krankenakten angucken, mich sofort diagnostizieren und mir die nötigen Schmerzmittel maximaler Stärke verabreichen. Aber in Berlin war das nächste Krankenhaus zwei Kilometer von der neuen Wohnung entfernt. Ich wusste nicht, wie man einen Krankenwagen anruft, oder ob ein Nierenstein-Angriff sogar ernst genug wäre, um einen Krankenwagen zu rechtfertigen. Ich wusste nicht, ob Patienten in deutschen Rettungsstellen in derselben Reihenfolge wie in England behandelt werden. Ich wusste nicht, ob ich für die Behandlung würde bezahlen müssen. Ich wusste nicht, ob ich den Ärzten erklären könnte, was mit mir los ist – und sie überzeugen, mir Schmerzmittel der gleichen Stärke wie in England zu verabreichen! Und ich konnte schon gut deutsch sprechen. Ich könnte mir nur vorstellen, wie erschreckend es sein muss, in einem Krankenhaus in einem fremden Land zu sein, ohne den Ärzten seine Symptomen erklären zu können – besonders wenn kein automatisches Recht auf Gesundheitsversorgung besteht. Schlussendlich hatte ich in Berlin keinen Nierenstein-Angriff und brauchte nicht deswegen ins Krankenhaus zu gehen. Aber damals hatte ich, als EU-Bürger, zumindest die gleichen Rechte auf Gesundheitsversorgung wie Deutsche. Wenn ich nächstes Jahr, wie geplant, zurück nach Berlin umziehe, wird Großbritannien wahrscheinlich aus der EU ausgetreten sein, und ich werde in Deutschland kein automatisches Recht auf Gesundheitsversorgung mehr haben. Das macht mir Sorgen.
- Sollten Migranten/innen immer das Recht auf Gesundheitsversorgung im neuen Land haben?
- Sollte die Regierung des Ursprungslands für die Gesundheit ihrer Bürger auch im Ausland verantwortlich sein?
- Wenn Migranten/innen kein automatisches Recht auf Gesundheitsversorgung im neuen Land haben, welche andere Netzwerke können sie nutzen?